So führt der weltweite Klimawandel zu gewaltsamen Konflikten

Von Chelsea Harvey, 26. Juli 2016

Aleppo's Castello Road in Syria

Rauch steigt auf am 2. Juni, nach Luftangriffen auf Aleppos Castello Street, Syrien (Foto: Abdalrhman Ismail/Reuters)

Es wird immer deutlicher, dass sich die Konsequenzen des Klimawandels nicht nur auf Dürreperioden und einen erhöhten Meeresspiegel beschränken. Wissenschaftler gehen davon aus, dass globale Fragen gesellschaftlicher Art entstehen, wie z. B. nach dem Umgang mit Nahrungsmittelknappheit, mit verminderter Wasserqualität oder Zwangsmigration. Viele Experten sagen bereits jetzt, dass Gewalt, Krieg und andere Formen menschlicher Konflikte durch die Auswirkungen des Klimawandels vorangetrieben oder verschlimmert werden.

Eine neue, am Montag in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlichte Studie zeigt, dass es für die Richtigkeit dieser Behauptung mehr und mehr Belege gibt. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass klimabedingte Katastrophen das Risiko bewaffneter Konflikte weltweit vergrößern dürfte – insbesondere in Ländern mit großen ethnischen Unterschieden.

»Diese Debatte taucht immer wieder auf: Ist der Klimawandel wirklich so etwas wie ein Auslöser für gewaltsame Konflikte?«, meint Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und Erstautor der neuen Studie. »Manche Leute sagen ja, andere nein. Darüber wird heftig debattiert.«

Schon in der Vergangenheit haben sich viele Studien mit der Frage beschäftigt, ob das Klimageschehen zwischenmenschliche Konflikte befördert. Einige von ihnen haben das Thema global untersucht, während andere sich auf bestimmte Ereignisse eingeschossen haben. So haben zum Beispiel mehrere Studien die Dürre als einen von vielen Faktoren genannt, die zum Ausbruch des Bürgerkrieges in Syrien führte. Insgesamt haben zahlreiche Studien eine Verbindung zwischen Klima und Konflikten aufgezeigt, auch wenn einige der Ansicht sind, ein Zusammenhang sei eher schwer herzustellen. Das Konzept ist also etwas umstritten.

Die neue Studie möchte dieser Debatte ein Ende setzen. Die Forscher listen weltweite bewaffnete Konflikte und Naturkatastrophen zwischen 1980 und 2010 auf. Sie analysierten die nationalen Wirtschaftsschäden jeder Katastrophe. Dann führten sie statistische Tests durch, um festzustellen, inwieweit die Konflikte mit diesen Katastrophen in Zusammenhang standen.

»Wir analysierten nicht nur, inwieweit es einen Zusammenhang zwischen diesen Ereignissen gibt (Korrelationsanalyse), sondern setzen eine sogenannte Koinzidenzanalyse ein, mit der wir untersuchen, welches der Ereignisse zuerst da war, sodass die Ursache deutlicher wird«, erklärte Schellnhuber. Mit anderen Worten, die Tests helfen herauszufinden, ob ein Ereignis – zum Beispiel eine Dürre oder eine Hitzewelle – möglicherweise ein Folgeereignis, wie z. B. einen Krieg, auslösen konnte.

Die Wissenschaftler fassten auch Länder nach anderen landesspezifischen Faktoren zusammen, die das Ausbrechen eines Konfliktes beeinflusst haben könnten: Einkommensunterschiede, religiöse und ethnische Unterschiede.

Insgesamt stellten sie fest, dass der Zusammenhang zwischen Klimakatastrophe und Ausbruch gewaltsamer Konflikte in Ländern mit starker ethnischer Zersplitterung eindeutig ist. Bemerkenswerterweise schienen die anderen Faktoren keine wichtige Rolle zu spielen. Erst wenn man die Länder mit Blick auf ihre ethnischen Unterschiede untersuchte, erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit, dass ein Klimaereignis den Konfliktausbruch beförderte. Und zwar unabhängig davon, ob die Klimakatastrophe große oder kleine wirtschaftliche Schäden hervorgerufen hatte. Insgesamt fielen etwa 23 Prozent der bewaffneten Konflikte in ethnisch stark zersplitterten Ländern mit Klimakatastrophen zusammen.


»Die Vielschichtigkeit, wie Gewalt entsteht, können wir nicht ganz erklären. Aber wir haben hier etwas wirklich Handfestes gefunden, einen Faktor, der relevant ist«, sagte Schellnhuber.


Die Autoren betonten, dass ihre Ergebnisse nicht unbedingt darauf hindeuten, dass Klimaereignisse die Ursache für jeden Konflikt sind. Vielmehr deuten sie darauf hin, dass dort, wo Konflikte bereits bestehen, Klimakatastrophen die Wahrscheinlichkeit von Gewaltausbrüchen erhöhen oder das Fass zum Überlaufen bringen können.